Handbuch: 7.1.6. Messunschärfe
Es ist wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass alle empirischen Messungen unsicher sind. Wenn Sie sich morgens auf Ihre Körperwaage im Badezimmer stellen und feststellen, dass Sie 80 kg wiegen, fragen Sie sich bitte, was das bedeutet.
Zunächst: Die Waage hat eine ihr innewohnende Unsicherheit aufgrund der verwendeten Federn, mit deren Hilfe Ihr Gewicht gemessen wird und mit der die Anzeige bewegt wird. Diese Messunsicherheit wird gewöhnlich vom Hersteller im Handbuch angegeben.
Zweitens gibt es eine Unsicherheit des Ablesens der Messung. Weil Sie nach unten auf die nahe am Boden befindliche Anzeige schauen, ist ein Unterschied zwischen 80 kg und 81 kg für Sie kaum erkennbar.
Drittens gibt es Befindlichkeitsveränderungen. Weil Sie in den letzten Stunden Nahrung und Getränke konsumiert haben, hat sich Ihr Körpergewicht verändert, auch wenn Sie praktisch kein Fett hinzugewonnen oder abgenommen haben.
Diese drei Fehlerquellen addieren sich auf und machen die Messung unsicher um vielleicht 2 kg. Die gemessenen 80 kg sind somit in Wirklichkeit 80 kg +/– 2 kg, d.h.: Ihr Körpergewicht befindet sich in der Spanne zwischen 78 und 82 kg.
Alle drei Arten von Fehlerquellen lassen sich auch für industrielle Datensätze geltend machen. Schon der Sensor hat eine inhärente Unsicherheit; auch die Messkette vom Sensor zum Archivsystem beinhaltet eine Unsicherheit; und schließlich gibt es aufgrund der unterschiedlichen örtlichen Bedingungen – nämlich abhängig von der genauen Anbringung des Sensors – eine erhöhte Variabilität, die nicht unbedingt charakteristisch ist für die durchschnittliche Situation, um die es gewöhnlich geht.
Die Bedeutung dieser Erkenntnis liegt in dem Umstand, dass, wenn wir für unsere Berechnung unsichere Daten verwenden, das berechnete Ergebnis bereits Unsicherheiten von den jeweiligen Datenquellen übernimmt. Wir können die Unsicherheit des berechneten Wertes bestimmen, wenn wir die Messunsicherheit der ursprünglichen Daten kennen. Bei mathematischen Modellen kommt es nicht nur darauf an, wie gut geeignet ein Modell ist, sondern auch, wie genau es ist.